Hilde Mattheis, stellvertretende SPD-Landesvorsitzende, war zu Gast in Horb im "Greifen". Sie hat sich für die Stelle als Landesvorsitzende beworben und stellte den Horber SPD-Mitgliedern ihre Vorstellungen von einem besseren Vorgehen der SPD und einer sozialeren Politik vor und lud zur Diskussion darüber ein.
Hilde Mattheis ist in Nordrhein-Westfahlen geboren, aber in Horb aufgewachsen. Sie lebt nicht mehr hier, doch scheint sie Horb in ihr Herz geschlossen zu haben, jedenfalls ist sie die einzige der drei Bewerber auf das Amt des SPD-Landesvorsitzenden, die Horb im Rahmen des Wahlkampfes einen Besuch abstattete. Im “Greifen” sprach sie über ihre Ideen und Sichtweisen und diskutierte mit den Anwesenden den Werdegang der SPD und mögliche Strategien um dem Land und der Partei aus der Krise zu verhelfen.
Hilde Mattheis habe die Unterstützung des Kreisverbandes Freudenstadt, sagte Alexander Guhl, Ortsvereinsvorsitzender Horb. Sie genießt hier großes Vertrauen unter ihren Parteigenossen. Die Politikerin, welche zum linken Flügel der Partei gezählt wird, legt Wert auf die soziale Komponente in ihrer Politik. “Politik, die damals ein Großteil der SPD nicht hören wollte, die die Bevölkerung aber wollte”, so beschreibt Guhl Mattheis' Vorgehensweise.
Direkt von der Konferenz der Orstvereinsvorsitzenden und Kreisvorsitzenden mit Sigmar Gabriel und Andrea Nahles in Esslingen kam Hilde Mattheis am Samstag nach Horb.
Sie und Gerhard Gaiser, der ebenfalls dort gewesen war, ließen im Greifen den Tag kurz Revue passieren. In der SPD sei ein Erneuerungskurs nötig, findet Hilde Mattheis. Dieser müsse sowohl die Inhalte des Programms als auch die Organisationspolitik der Partei selbst betreffen. In den vergangenen elf Jahren hat die SPD vieles richtig gemacht, findet Hilde Mattheis. Als Beispiel nennt sie unter anderem die Bildungspolitik oder energetische Sanierungsprogramme. Doch jetzt, nach der Bundestagswahl 2009, zieht sie eine Bilanz und gesteht: “Wir haben Fehler gemacht”. Diese müssen korrigiert werden. Die Glaubwürdigkeit der Partei stehe auf dem Spiel, sagt sie rational und ohne zu beschönigen. Dabei müssen alle mithelfen, da gebe es keine Alternative, betont sie. Um glaubwürdig zu sein, müssen Inhalte und Personen übereinstimmen. "Die Köpfe müssen zum Programm passen”, so Axel Lipp.
“Wir sind und haben uns immer definiert als linke Volkspartei”, sagt Hilde Mattheis. Dabei verweist sie auf die “Hamburger Dokumente”, das 2007 beschlossene Grundsatzprogramm der SPD, in welchem der demokratische Sozialismus und der Sozialstaat immer wieder betont werden. Soziale Ungerechtigkeit sei keine Randerscheinung mehr, um diese Situation zu verbessern, müsse man auch Opfer bringen. Die Chancendebatte: Gerechtigkeit bedeutet, jedem Menschen möglichst viele Möglichkeiten zu geben, sich zu entscheiden. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht jeder Mensch die gleiche Grundlage hat. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Reform der Erbschaftssteuer, das wollen Hilde Mattheis und Gerhard Gaiser .”Das könnte zwei Milliarden Euro mehr pro Jahr bringen”, rechnet sie vor. Geld, das beispielsweise in die Bildung investiert werden könne.
Die SPD sei zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich dem Druck aus Berlin zu beugen, bemängelt sie. Das habe dazu geführt, dass die Landes-SPD kein eigenes Profil entwickelt hat in den vergangenen Jahren. Als Beispiel führt sie G8 und Stuttgart 21 an, Themen, bei denen sich die Partei stets vornehm zurückgehalten hat. Allgemein fordert sie, dass mehr innerhalb der Partei diskutiert wird. Man müsse in die Ortsvereine gehen und diskutieren.
Auch Dieter Romminger-Seyrich kritisiert den Werdegang der SPD. Früher sei die Partei lebendig und voller Diskussionen gewesen, sagt er. “Die letzten Jahre waren eine bleierne Zeit”.
Viele Karrieristen seien in der SPD aufgetaucht. “Eigentlich FDP-Klientel”, meint er. In den vergangenen Jahren habe man zu sehr versucht, “wirtschaftskompetent” zu sein, so Hilde Mattheis. Dabei sei die Identifikationslinie der SPD doch die soziale Gerechtigkeit.
Diese möchte sie voranbringen, und so gesteht sie nicht nur Fehler der Partei ein, sondern sprach auch Leitthemen an. Da wurden Schlagworte wie “Lehrerzahlen erhöhen”, “Hochschul-Privatisierungen verhindern”, “Märkte und Arbeitsplätze schaffen” oder “Mobilität” in den Raum geworfen. Auch über die Verkürzung der Bundeswehrzeit und somit der Zivildienstzeit, die jüngst für Aufsehen gesorgt hat, wurde diskutiert. Die Landes-SPD hat dazu noch keine feste Haltung. Hilde Mattheis selbst findet es gut, wenn junge Leute für eine gewisse Zeit in einem sozialen Beruf arbeiten und ihr soziales Gewissen ausprägen.
Es gebe viele Beispiele dafür, dass die SPD verlernt habe, mit Bürgerbewegungen Kontakt aufzunehmen, so Dieter Romminger-Seyrich. Dafür sei die Partei sehr kapitalfreundlich geworden. Auch das Verhältnis zu Gewerkschaften müsse wieder gestärkt werden. Das findet auch Hilde Mattheis, die in diesem Zusammenhang auch Gefahr von der “Linken” Konkurrenz wittert.